Eine Stimme gegen den Judenhass

Podium in Leipzig fordert Antisemitismusbeauftragten für Sachsen

Leipzig. Am Montagabend diskutierten der Bundesbeauftragte für Antisemitismus, Dr. Felix Klein, und Bestseller-Autor und Psychologie Ahmad Mansour in Leipzig über gegenwärtige Ausprägungen und Mittel gegen den Judenhass. Unter dem Titel „Du Jude! Der alltägliche Antisemitismus in Deutschland“ hatte die Leipziger Volkshochschule in Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Leipzig in die Aula der vhs geladen. Klein forderte abschließend einen Antisemitismusbeauftragten für Sachsen.

Die 150 bunt gemischten Besucher, die den Raum vollständig füllten, machten deutlich, dass das Thema derzeit unter allen Alters- und Gesellschaftsschichten auf den Nägeln brennt. Judenfeindliche Sprüche und antisemitische Vorfälle, so die VHS-Leiterin Heike Richter in ihrer Begrüßung, sind in der Bundesrepublik wieder salonfähig. Auch auf Leipziger Schulhöfen sei „Du Jude!“ wieder zum gängigen Schimpfwort geworden.

Der seit Mai dieses Jahres amtierende Beauftragte des Bundes für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein, betonte, Deutschland müsse aus historischer Verantwortung alle Formen des Antisemitismus gleichermaßen adressieren. Er wolle sich auf Bundesebene für ein Verbot der judenfeindlichen Quds-Märsche, die alljährlich von Anhängern der Hisbollah auf Geheiß des iranischen Regimes in Deutschland organisiert werden, einsetzen. Darüber hinaus qualifizierte er die israelfeindliche Boykott-Kampagne BDS als antisemitisch.

Angesichts der rechtsradikalen Mobilisierungserfolge in Chemnitz erneuerte Klein jedoch auch seine Forderung nach einem Antisemitismusbeauftragten für Sachsen. Rechte Gewalt könne sich jederzeit auch gegen Juden wenden, daher seien koordinierte Präventionsmaßnahmen gefragt. Ein Antisemitismusbeauftragter für Sachsen solle in der Lage sein, antisemitische Übergriffe im Bundesland zu dokumentieren und sich für politische und schulische Bildungsangebote einsetzen. Klein forderte, die Ausprägungen des Antisemitismus, deutsche Erinnerungskultur und der Nahostkonflikt müssen „prüfungsrelevanter Pflichtstoff“ an den Schulen werden, um antisemitischen Tendenzen in allen Herkunftsmilieus entgegen zu wirken.

Dass der wachsende Antisemitismus unter anderem mit der steigenden Anzahl muslimischer Einwanderer in Deutschland zu tun hat, steht für den Antisemitismus-Experten Ahmad Mansour außer Frage. Selbst aus einer arabisch-muslimischen Familie stammend, betonte er, dass Kinder aus muslimischen Milieus bereits von klein zu einem einseitigen, negativen Israelbild erzogen. Diese vermeintliche „Israelkritik“ sei leicht als Antisemitismus zu entlarven: sie sei unverhältnismäßig dämonisierend und verbindet sich oft mit Legenden einer weltweiten jüdischen Verschwörung. Dadurch unterscheide sich der Antisemitismus auch grundlegend von Rassismus, der seine Opfer stets nur abwerte.

Mansour, der auf eine langjährige Erfahrung in der Projektarbeit mit muslimischen Jugendlichen zurückblicken kann, forderte daher einen konsequenteren Umgang mit muslimischem Antisemitismus in politischer Bildungsarbeit und Schule. Projektarbeit, die aufgrund falscher Toleranz Muslime nur als schützenswerte „Kuscheltiere“ verstünde, sei verfehlt. Er setzte sich für eine Bildungsarbeit auf Augenhöhe ein, die ihre Zielgruppe ernst nimmt, Konflikte nicht scheut und neue, demokratische Gegennarrative schafft – vor allem auch im Internet. Durch den rundum lehrreichen Abend führte der Nahost-Experte Dr. Thomas Feist.

Leipzig, den 3. September 2018